(Unternehmens)Kultur vs. Agile
04.05.2018 12:15

Schauen wir uns in Unternehmen unterschiedlichster Branchen um, und lesen wir uns quer durch die Medien, dann könnte fast der Eindruck entstehen, jeder möchte agil sein oder es zumindest werden. Während mache „einfach mal ausprobieren“, schreien mittlerweile viele Vorstände und Geschäftsführer bereits nach flächendeckender Implementierung. Ob dies dann aus purer Überzeugung geschieht, oder um dem aktuellen Trend zu folgen, lasse ich an dieser Stelle offen.

Es werden Workshops durchgeführt, Mitarbeiter geschult, Rollen zugewiesen und passende räumliche Umgebungen geschaffen. Erst kürzlich habe ich mitbekommen, dass ein großer Automobilzulieferer im ganzen Werk Projekträume neu einrichtet. Und das sogar mit Raumteilern in Form von Wasserwänden, Billardtischen und absoluter high end Medientechnik. Schließlich soll die Einführung agiler Methoden ja nicht daran scheitern, dass die Mitarbeiter sich nicht rundum wohl fühlen. Es werden also keiner Kosten und Mühen gescheut und daher kann sicherlich auch nichts mehr schief gehen. Agile Prinzipien sind zudem recht verständlich – Scrum zumindest. Alles nichts Neues und im Grunde eh nur gesunder Menschenverstand.

Eigentlich gibt es doch nun gar nichts mehr, was deutsche Unternehmen davon abhalten könnte, durch und durch agil zu sein. Aber eben nur eigentlich!
Wenn wir uns doch alle im Konsens für die Einführung einer agilen Arbeitsweise entschieden und wir zudem die Basis dafür geschaffen haben, weshalb funktioniert es dennoch so oft nicht? Meinen Beobachtungen und Erfahrungen zufolge ist die Antwort darauf (für mich) eindeutig. Es ist unsere (Unternehmens) Kultur, also ein System aus Regeln und Gewohnheiten, welches wir selbst erschaffen haben. Und damit meine ich nicht die „offizielle Unternehmenskultur“, welche von Geschäftsführung in Zusammenarbeit mit Beratern irgendwann einmal in Form von Schlagworten definiert wurde. Ich meine damit die Unternehmenskultur, die im Laufe vieler Jahre in ein Unternehmen hineinwächst und sich auch bis in die hintersten Büros und Werkstätten verzweigt.
Wie wird kommuniziert? Wertschätzend, offen, Top down und Bottom up?
Wie wichtig sind hierarchische Strukturen? Wird meine Wertigkeit im Unternehmen vielleicht sogar an der Anzahl „meiner“ Mitarbeiter gemessen?
Wer darf Entscheidungen treffen? Und wer muss Angst davor haben, eine falsche Entscheidung zu treffen?
Wie interdisziplinär darf gearbeitet werden? Wird das typische Silodenken vielleicht sogar gefördert? 


Ja, ich weiß, offiziell gibt es all diese agilen Hürden gar nicht mehr. Die Wirklichkeit zeigt jedoch, dass es oft an genau solchen, teilweise über Jahrzehnte entstandenen Gewohnheiten liegt. Und hierbei sollten wir der Realität auch einmal ins Auge sehen können. Dabei handelt es sich meist gar nicht um aktive Ablehnung gegenüber neuer Methoden. Wir sind es lediglich nicht anders gewohnt.
Entscheidungen trifft mein Chef und sicher nicht ich, transparente Kommunikation „von ganz Oben“ ist nicht erwünscht und ich selbst zähle nur dann, wenn ich disziplinarische Verantwortung für möglichst viele Mitarbeiter vorweisen kann. 

Peter Drucker hat dies ganz wunderbar ausgedrückt.

„Kultur isst Strategie zum Frühstück“

Noch heute gilt der 1909 in Wien geborene US-amerikanische Ökonom als Pionier moderner Managementlehre. Auch wenn dieses Zitat nun bereits einige Jahre auf dem Buckel hat, ist es meines Erachtens nach gerade wieder aktueller denn je.
Ja, wir wären gerne agil oder zumindest ein weniger agiler. Unternehmenskulturen auf agile Prozesse anzupassen und somit alte Gewohnheiten abzulegen ist jedoch manchmal ganz schön schwierig und anstrengend.

Auch ganz persönliche Gewohnheiten – ich denke dabei z. B. an das Rauchen oder den Schokoriegel nach dem Abendessen – sind nur schwer abzulegen. Kluge Argumente helfen dabei meist recht wenig. Und wenn, dann nur kurzfristig. Emotionale Botschaften hingegen sind viel wirksamer.
Ebenso ist es im Arbeitsumfeld. Weder Studien über die Wirksamkeit agiler Methoden noch tolle Projekträume helfen, von alten Gewohnheiten abzulassen und uns komplett auf die neuen Umstände einzulassen. Erst persönliche Erfolge durch agile Methoden und der Sinn, der sich für mich selbst ergibt, wird ein Umdenken bewirken. Genau damit lassen sich alte Gewohnheiten aufbrechen und neue können sich entwickeln und wachsen.

Dafür wünsche ich viel Erfolg und noch mehr Geduld.



Herzliche Grüße
Nina

verwendete Quellen:
https://wpgs.de/fachtexte/motivation/die-macht-der-gewohnheit/
https://www.drucker.institute/about-peter-f-drucker/
http://lightbulb2live.com/culture-eats-strategy-for-breakfast/

Informationen zu diesem Artikel
  • Erstellt von: Nina
    Kategorie: Agile News
    04.05.2018 12:15:00 Uhr

    zuletzt bearbeitet: 28.05.2018 12:31
  • 2 Kommentare
Kommentare
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08.05.2018 09:07

Die Zeit, Coach F. ... die fehlende Zeit. Passendes Bild wird noch folgen. Im Kopf ist es schon.

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07.05.2018 13:59

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